Immer mehr Banken setzen CO2-Schnüffelsoftware ein

Immer mehr Banken setzen CO2-Schnüffelsoftware ein

31.10.2022 – Norbert Häring

31. 10. 2022 | In Ländern, in denen fast alles digital bezahlt wird, steigt die Anzahl der Banken rapide, die CO2-Schnüffelsoftware einsetzen. Das sind Apps, die anhand der Finanztransaktionen der Bankkunden deren CO2-Fußabdruck schätzen. Wie das geht, erklärt ein Anbieter. Wo das hinführt, dazu braucht es immer weniger Fantasie

In Australien ist es die Commonwealth Bank, in Großbritannien die NatWest und Cumberland, die ihren Kunden einen Kohlendioxidtracker anbieten. Mastercard bietet das in Kooperation unter anderem mit Bank of the West in den USA und Nordea in Skandinavien an. Bunq in den Niederlanden, Banco Mediolanum in Italien und Mitto in Spanien. Das sind nur einige der Finanzinstitute, die in den letzten Monaten und zum Teil Jahren ihren Kunden das Angebot gemacht haben, aus ihren Zahlungsverkehrsdaten live einen CO2-Fußabdruck zu berechnen.

Das schwedische Online-Bezahlunternehmen Klarna mit 90 Mio. Kunden hat seit 2021 ein Footprint-Tracker-Programm, das den online gekauften Produkten eine CO2-Menge zuweist und diese pro Kunde aufsummiert.

Hinter diesen Angeboten steht in der Regel eine Kooperation mit einem Finanztechnologieunternehmen. Diese bieten Datenbanken mit Rechenmodellen an, die zu jedem Bezahlvorgang die Menge des durch das bezahlte Produkt freigesetzte CO2 schätzen.

Je nach Anbieter gibt es entweder Vorschläge, das CO2 direkt mit Kompensationszahlungen zu neutralisieren, oder Hinweise auf möglicherweise umweltschonendere Alternativen, z.B. Stromanbietern, die Strom aus regenerativen Quellen anbieten, oder manchmal auch Rabatte, wenn man irgendwie CO2 einspart.

Wie das geht

Einer der offenbar ziemlich erfolgreichen Anbieter, das britisch-neuseeländische Fintech CoGo erklärt, wie der Algorithmus funktioniert:

„Cogo verfügt über einen leistungsstarken Algorithmus, der die Kohlenstoffemissionen aller Transaktionen auf einem Konto berechnen kann. Um den CO2-Fußabdruck einer Person oder eines Haushalts zu berechnen, analysiert Cogo zunächst die Bankdaten und ordnet jede Transaktion einer bestimmten Branche zu (z. B. Mode, Lebensmittel, Versicherungen). Anschließend wird der CO2-Fußabdruck dieser Transaktion anhand sicherer offener Bankdaten geschätzt. Ein Beispiel: 1 £, das bei einem britischen Modehändler ausgegeben wird, verursacht im Durchschnitt 1 kg CO2. Die App berücksichtigt auch die Art der von den einzelnen Unternehmen verkauften Produkte, z. B. welche Energieversorger 100% erneuerbaren Strom verwenden.“

Verwendet werden also die Branchenidentifikationsnummern der Verkäufer. Diesen wird eine durchschnittliche CO2-Verursachung pro Umsatzeinheit zugeordnet und der Umsatz des Einzelkunden mit diesem Wert multipliziert. Wer also eine Urlaubsreise für 2000 Euro bei einem Pauschalreiseanbieter oder einer Fluggesellschaft bezahlt, dessen CO2-Konto wird mit dem durchschnittlichen CO2-Fußabdruck eines bei einem Pauschalanbieter oder einer Fluggesellschaft umgesetzten Euros belastet. Dasselbe gilt für Einkäufe beim Supermarkt. Was genau dort gekauft wird, ist nicht bekannt, es wird ein geschätzter oder bekannter Durchschnitt angesetzt.

Viele App-Anbieter kooperieren auch mit den Unternehmen, die die Waren und Dienstleistungen verkaufen, und berechnen deren CO2-Fußabdruck. Dann bekommen sie immer mehr Informationen über die einzelnen Produkte und müssen immer weniger schätzen und mitteln. Klarna dürfte auf diese Weise die CO2-Bilanz der gekauften Produkte erfahren.

Wo das hinführt

Nachdem in Europa bereits die ersten Gesetze beschlossen worden sind, die regeln, wie warm, oder besser kalt, eine Wohnung sein darf, wie das kontrolliert und wie es sanktioniert wird, braucht man nicht mehr viel Fantasie um sich vorzustellen, wo das CO2-Tracking hinführen könnte. Die drastischen Freiheitseinschränkungen, die während der Covid-Hysterie verfügt wurden, helfen der Fantasie falls nötig auf die Sprünge. Wenn diese Apps einmal verbreitet genug und genau genug sind, braucht es nur noch den kleinen Schritt, die Banken zu verpflichten, den CO2-Fußabdruck der Kunden zu berechnen.

Danach kann man – in Einklang mit der von den marktradikalen Eliten bevorzugten Methode der handelbaren Klimarechte – jedem ein CO2-Budget für den Monat zuteilen, und das auch durchsetzen. Wie es kaum anders sein kann, hat das Weltwirtschaftsforum schon einen Vorschlag in diese Richtung veröffentlicht.

Australien hatte damit angefangen, Sozialhilfeempfänger ans digitale Gängelband zu legen, indem sie nur noch digitales Geld bekommen, mit dem sie manche Waren nicht kaufen können, und wo die Behörden sehen können, wofür man sein Geld ausgibt. Dazu hatte ich geschrieben, dass solche Kontrollinstrumente immer zuerst bei den Schwächsten eingeführt werden, bei inländischen Hilfsempfängern und bei Flüchtlingen. Früher oder später kommen sie dann auch zum Rest der Bevölkerungen.

Dazu ist zweierlei noch nötig. Der Anteil der Barzahlungen und die Barzahlungsobergrenze müssen so gering sein, dass man die Händler zur Vermeidung von Ausweichreaktionen verpflichten kann, Barzahlungen zu registrieren und zu melden. Dann kann das CO2-Budget der Barzahlenden belastet werden. Der administrative Aufwand hätte den schönen Nebeneffekt, Bargeld noch unattraktiver zu machen. Aber für die Rettung des Klimas wäre ja der Preis der Beseitigung des Bargelds für manche nicht zu hoch.

Eine andere Voraussetzung ist größere Genauigkeit, damit die Gemüseesser besser behandelt werden können als die Fleischkäufer. Daran wird bereits gearbeitet. In Norwegen nötigt die Statistikbehörde Zahlungsdienstleister und Supermarktketten, ihr die Daten zu geben, mit denen sie erfassen kann, was genau jeder Einzelne kauft. Damit will sie herausfinden, welche Nahrungsmittel und Getränke die Bürger zu sich nehmen. Um die Gesundheit besser fördern zu können.

Wenn die Norwegische Statistikbehörde die Verknüpfung der Daten bewerkstelligt hat, braucht es nicht mehr viel, damit diese Verknüpfung so verallgemeinert wird, dass die Finanzdienstleister nicht mehr nur die Branchennummern, sondern gleich Produktnummern von Käufen mitgeliefert bekommen. Nach diesem nicht allzu großen Schritt steht der automatisierten Totalüberwachung der gesamten Bevölkerung über ihre Ausgaben technisch nichts mehr im Wege.

Die Ambition der Regierenden, das Verhalten der Bürger im Detail zu steuern, scheint überall vorhanden. Unter anderem in Bayern, Wien, Rom und Bologna werden Öko-Tokens erprobt, bei denen man sich für umweltbewusstes Verhalten Punkte erwerben und gegen Geldwertes eintauschen kann – sofern man sich der umfassenden Überwachung seines Alltagsverhaltens unterwirft. Alles freiwillig natürlich, mindestens so lange, bis die Zeit gekommen ist, es zur Pflicht zu machen.

Zum Wohle der Eliten

Die Eine oder der Andere fragen sich vielleicht, warum ich das mit so einem kritischen Unterton schreibe. Will ich etwa nicht das Klima retten? Nicht auf diese Weise, die unsere Regierenden und Eliten bevorzugen. Es ist die Weise, bei der sie weiterhin mit riesigen, von jeder Ökobilanz und Umweltregeln ausgenommenen Militärapparaten Unmengen umweltschädliche Substanzen in Luft, Wasser und Boden freisetzen können, weiterhin mit ihren Privatjets um die Welt fliegen können, hin und her zwischen ihren fünf Riesenvillen mit Swimmingpool in allen Kontinenten, weiterhin auf ihren Luxusyachten eine schöne Zeit haben können, und sich gut fühlen dabei. Denn die Multimilliardäre zahlen ja an einer Börse Geld für CO2-Kontingente und dürfen sich vorstellen, dass damit Umweltschutzmaßnahmen finanziert werden. Und sie tun noch ein gutes Werk, indem sie den armen Schluckern, die sonst nicht über die Runden kommen, ermöglichen, einen Teil ihrer CO2-Kontingente zu Geld zu machen. Dass diese dann halt frieren und nicht mehr reisen und Autofahren können, ist traurig aber klimapolitisch unvermeidlich.

Die elitäre Philosophie dahinter hat Lorenz Beckardt vom WDR jüngst per Twitter ausgebreitet, nachdem er unter anderem für die vielen touristischen Fernreisen kritisiert wurde, von denen er ungeniert auf den sozialen Medien Fotos postet, obwohl er in einem Tagesthemen-Kommentar gefordert hatte, Flugreisen und Fleisch zum Klimaschutz „verdammt teuer“ zu machen.

„Es stimmt, dass ich 2019 höhere Preise für Flieger, Fleisch und Sprit gefordert habe, ironisch eingebettet in die Selbstbeschreibung eines „Konsumjunkies“, weil wir reichen Bewohner der Nordhalbkugel von all dem weniger konsumieren müssen, um den Klimawandel zu bremsen, unter dem vor allem die Menschen auf der Südhalbkugel leiden. Ich halte Preissteigerungen bei Luxusgütern wie Flugreisen und T-Bone-Steaks und den daraus resultierenden geringeren Konsum für die bessere und letztlich einzig sinnvolle Maßnahme, besser jedenfalls als staatliche Verbote, wenn es darum geht, den Lebensstil in den Industrieländern an das Geschehen in der Umwelt anzupassen. Denn ich will („Konsumjunkie“) auch zukünftig fliegen und Fleisch genießen. Dass solche Maßnahmen sozial abgefedert werden müssen, etwa durch ein sozial gestaffeltes Klimageld für Menschen mit geringem Einkommen, versteht sich, wobei ich Brot, Butter und Sprit für Güter des täglichen Bedarfs halte, nicht aber Steaks und Flugreisen, denn unsere Großeltern konnten gut ohne Letztere leben. Weniger davon ist für uns alle machbar. Dass am Konsum von Luxusgütern in unserer Gesellschaft nicht alle Menschen in gleicher Weise teilhaben können, darf und muss man kritisieren. Ist aber ein anderes Thema.“

Er will auch zukünftig von seinem fürstlichen WDR-Gehalt ungebremst fliegen und Fleisch essen. Aber das gemeine Volk soll einerseits mit seinem Zwangsrundfunkbeitrag dafür sorgen, dass er sich das weiter leisten kann, und andererseits durch weniger eigenen Konsum dafür, dass die Umwelt ihn aushalten kann,

Auch der Multimilliardär Bill Gates wird nicht müde zu betonen, dass wir das Klima schonen müssen und nennt die Flotte an Privatjets, die er besitzt und reichlich nutzt, kokett sein „kleines schmutziges Vergnügen“. Derartige Beispiele von grenzenloser Klimaheuchelei der Reichen gibt es jede Menge.

Die erste und wichtigste Maßnahme zur Emissionsverminderung wäre der drastische Abbau der Einkommens- und Vermögensungleichheit, sowohl innerhalb unserer Staaten als auch auf globaler Ebene. Dann sinkt die Umweltbelastung direkt, weil sie mit zunehmendem individuellen Einkommen überproportional zunimmt. Und wenn alle genug zum Leben haben, fällt es viel leichter, über eventuell nötiges Kürzertreten zu reden.

Jeder Versuch, den Konsum unter Beibehaltung der riesigen Ungleichheit zu beschränken, führt letztlich in eine neue Form des zentralverwalteten Feudalismus.

Und nebenher wird auch noch den Bürgern die Verantwortung für die Kohlendioxidemissionen der Produkte zugeschoben, auf deren Produktionsweise sie keinen Einfluss haben, und für die Emissionen des Militärs gleich mit. Die müssen sie nämlich ausgleichen, durch etwas mehr Frieren und weniger Reisen und Autofahren.

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In Australien ist es die Commonwealth Bank, in Großbritannien die NatWest und Cumberland, die ihren Kunden einen Kohlendioxidtracker anbieten. Mastercard bietet das in Kooperation unter anderem mit Bank of the West in den USA und Nordea in Skandinavien an. Bunq in den Niederlanden, Banco Mediolanum in Italien und Mitto in Spanien. Das sind nur einige der Finanzinstitute, die in den letzten Monaten und zum Teil Jahren ihren Kunden das Angebot gemacht haben, aus ihren Zahlungsverkehrsdaten live einen CO2-Fußabdruck zu berechnen.

Das schwedische Online-Bezahlunternehmen Klarna mit 90 Mio. Kunden hat seit 2021 ein Footprint-Tracker-Programm, das den online gekauften Produkten eine CO2-Menge zuweist und diese pro Kunde aufsummiert.

Hinter diesen Angeboten steht in der Regel eine Kooperation mit einem Finanztechnologieunternehmen. Diese bieten Datenbanken mit Rechenmodellen an, die zu jedem Bezahlvorgang die Menge des durch das bezahlte Produkt freigesetzte CO2 schätzen.

Je nach Anbieter gibt es entweder Vorschläge, das CO2 direkt mit Kompensationszahlungen zu neutralisieren, oder Hinweise auf möglicherweise umweltschonendere Alternativen, z.B. Stromanbietern, die Strom aus regenerativen Quellen anbieten, oder manchmal auch Rabatte, wenn man irgendwie CO2 einspart.

Wie das geht

Einer der offenbar ziemlich erfolgreichen Anbieter, das britisch-neuseeländische Fintech CoGo erklärt, wie der Algorithmus funktioniert:

„Cogo verfügt über einen leistungsstarken Algorithmus, der die Kohlenstoffemissionen aller Transaktionen auf einem Konto berechnen kann. Um den CO2-Fußabdruck einer Person oder eines Haushalts zu berechnen, analysiert Cogo zunächst die Bankdaten und ordnet jede Transaktion einer bestimmten Branche zu (z. B. Mode, Lebensmittel, Versicherungen). Anschließend wird der CO2-Fußabdruck dieser Transaktion anhand sicherer offener Bankdaten geschätzt. Ein Beispiel: 1 £, das bei einem britischen Modehändler ausgegeben wird, verursacht im Durchschnitt 1 kg CO2. Die App berücksichtigt auch die Art der von den einzelnen Unternehmen verkauften Produkte, z. B. welche Energieversorger 100% erneuerbaren Strom verwenden.“

Verwendet werden also die Branchenidentifikationsnummern der Verkäufer. Diesen wird eine durchschnittliche CO2-Verursachung pro Umsatzeinheit zugeordnet und der Umsatz des Einzelkunden mit diesem Wert multipliziert. Wer also eine Urlaubsreise für 2000 Euro bei einem Pauschalreiseanbieter oder einer Fluggesellschaft bezahlt, dessen CO2-Konto wird mit dem durchschnittlichen CO2-Fußabdruck eines bei einem Pauschalanbieter oder einer Fluggesellschaft umgesetzten Euros belastet. Dasselbe gilt für Einkäufe beim Supermarkt. Was genau dort gekauft wird, ist nicht bekannt, es wird ein geschätzter oder bekannter Durchschnitt angesetzt.

Viele App-Anbieter kooperieren auch mit den Unternehmen, die die Waren und Dienstleistungen verkaufen, und berechnen deren CO2-Fußabdruck. Dann bekommen sie immer mehr Informationen über die einzelnen Produkte und müssen immer weniger schätzen und mitteln. Klarna dürfte auf diese Weise die CO2-Bilanz der gekauften Produkte erfahren.

Wo das hinführt

Nachdem in Europa bereits die ersten Gesetze beschlossen worden sind, die regeln, wie warm, oder besser kalt, eine Wohnung sein darf, wie das kontrolliert und wie es sanktioniert wird, braucht man nicht mehr viel Fantasie um sich vorzustellen, wo das CO2-Tracking hinführen könnte. Die drastischen Freiheitseinschränkungen, die während der Covid-Hysterie verfügt wurden, helfen der Fantasie falls nötig auf die Sprünge. Wenn diese Apps einmal verbreitet genug und genau genug sind, braucht es nur noch den kleinen Schritt, die Banken zu verpflichten, den CO2-Fußabdruck der Kunden zu berechnen.

Danach kann man – in Einklang mit der von den marktradikalen Eliten bevorzugten Methode der handelbaren Klimarechte – jedem ein CO2-Budget für den Monat zuteilen, und das auch durchsetzen. Wie es kaum anders sein kann, hat das Weltwirtschaftsforum schon einen Vorschlag in diese Richtung veröffentlicht.

Australien hatte damit angefangen, Sozialhilfeempfänger ans digitale Gängelband zu legen, indem sie nur noch digitales Geld bekommen, mit dem sie manche Waren nicht kaufen können, und wo die Behörden sehen können, wofür man sein Geld ausgibt. Dazu hatte ich geschrieben, dass solche Kontrollinstrumente immer zuerst bei den Schwächsten eingeführt werden, bei inländischen Hilfsempfängern und bei Flüchtlingen. Früher oder später kommen sie dann auch zum Rest der Bevölkerungen.

Dazu ist zweierlei noch nötig. Der Anteil der Barzahlungen und die Barzahlungsobergrenze müssen so gering sein, dass man die Händler zur Vermeidung von Ausweichreaktionen verpflichten kann, Barzahlungen zu registrieren und zu melden. Dann kann das CO2-Budget der Barzahlenden belastet werden. Der administrative Aufwand hätte den schönen Nebeneffekt, Bargeld noch unattraktiver zu machen. Aber für die Rettung des Klimas wäre ja der Preis der Beseitigung des Bargelds für manche nicht zu hoch.

Eine andere Voraussetzung ist größere Genauigkeit, damit die Gemüseesser besser behandelt werden können als die Fleischkäufer. Daran wird bereits gearbeitet. In Norwegen nötigt die Statistikbehörde Zahlungsdienstleister und Supermarktketten, ihr die Daten zu geben, mit denen sie erfassen kann, was genau jeder Einzelne kauft. Damit will sie herausfinden, welche Nahrungsmittel und Getränke die Bürger zu sich nehmen. Um die Gesundheit besser fördern zu können.

Wenn die Norwegische Statistikbehörde die Verknüpfung der Daten bewerkstelligt hat, braucht es nicht mehr viel, damit diese Verknüpfung so verallgemeinert wird, dass die Finanzdienstleister nicht mehr nur die Branchennummern, sondern gleich Produktnummern von Käufen mitgeliefert bekommen. Nach diesem nicht allzu großen Schritt steht der automatisierten Totalüberwachung der gesamten Bevölkerung über ihre Ausgaben technisch nichts mehr im Wege.

Die Ambition der Regierenden, das Verhalten der Bürger im Detail zu steuern, scheint überall vorhanden. Unter anderem in Bayern, Wien, Rom und Bologna werden Öko-Tokens erprobt, bei denen man sich für umweltbewusstes Verhalten Punkte erwerben und gegen Geldwertes eintauschen kann – sofern man sich der umfassenden Überwachung seines Alltagsverhaltens unterwirft. Alles freiwillig natürlich, mindestens so lange, bis die Zeit gekommen ist, es zur Pflicht zu machen.

Zum Wohle der Eliten

Die Eine oder der Andere fragen sich vielleicht, warum ich das mit so einem kritischen Unterton schreibe. Will ich etwa nicht das Klima retten? Nicht auf diese Weise, die unsere Regierenden und Eliten bevorzugen. Es ist die Weise, bei der sie weiterhin mit riesigen, von jeder Ökobilanz und Umweltregeln ausgenommenen Militärapparaten Unmengen umweltschädliche Substanzen in Luft, Wasser und Boden freisetzen können, weiterhin mit ihren Privatjets um die Welt fliegen können, hin und her zwischen ihren fünf Riesenvillen mit Swimmingpool in allen Kontinenten, weiterhin auf ihren Luxusyachten eine schöne Zeit haben können, und sich gut fühlen dabei. Denn die Multimilliardäre zahlen ja an einer Börse Geld für CO2-Kontingente und dürfen sich vorstellen, dass damit Umweltschutzmaßnahmen finanziert werden. Und sie tun noch ein gutes Werk, indem sie den armen Schluckern, die sonst nicht über die Runden kommen, ermöglichen, einen Teil ihrer CO2-Kontingente zu Geld zu machen. Dass diese dann halt frieren und nicht mehr reisen und Autofahren können, ist traurig aber klimapolitisch unvermeidlich.

Die elitäre Philosophie dahinter hat Lorenz Beckardt vom WDR jüngst per Twitter ausgebreitet, nachdem er unter anderem für die vielen touristischen Fernreisen kritisiert wurde, von denen er ungeniert auf den sozialen Medien Fotos postet, obwohl er in einem Tagesthemen-Kommentar gefordert hatte, Flugreisen und Fleisch zum Klimaschutz „verdammt teuer“ zu machen.

„Es stimmt, dass ich 2019 höhere Preise für Flieger, Fleisch und Sprit gefordert habe, ironisch eingebettet in die Selbstbeschreibung eines „Konsumjunkies“, weil wir reichen Bewohner der Nordhalbkugel von all dem weniger konsumieren müssen, um den Klimawandel zu bremsen, unter dem vor allem die Menschen auf der Südhalbkugel leiden. Ich halte Preissteigerungen bei Luxusgütern wie Flugreisen und T-Bone-Steaks und den daraus resultierenden geringeren Konsum für die bessere und letztlich einzig sinnvolle Maßnahme, besser jedenfalls als staatliche Verbote, wenn es darum geht, den Lebensstil in den Industrieländern an das Geschehen in der Umwelt anzupassen. Denn ich will („Konsumjunkie“) auch zukünftig fliegen und Fleisch genießen. Dass solche Maßnahmen sozial abgefedert werden müssen, etwa durch ein sozial gestaffeltes Klimageld für Menschen mit geringem Einkommen, versteht sich, wobei ich Brot, Butter und Sprit für Güter des täglichen Bedarfs halte, nicht aber Steaks und Flugreisen, denn unsere Großeltern konnten gut ohne Letztere leben. Weniger davon ist für uns alle machbar. Dass am Konsum von Luxusgütern in unserer Gesellschaft nicht alle Menschen in gleicher Weise teilhaben können, darf und muss man kritisieren. Ist aber ein anderes Thema.“

Er will auch zukünftig von seinem fürstlichen WDR-Gehalt ungebremst fliegen und Fleisch essen. Aber das gemeine Volk soll einerseits mit seinem Zwangsrundfunkbeitrag dafür sorgen, dass er sich das weiter leisten kann, und andererseits durch weniger eigenen Konsum dafür, dass die Umwelt ihn aushalten kann,

Auch der Multimilliardär Bill Gates wird nicht müde zu betonen, dass wir das Klima schonen müssen und nennt die Flotte an Privatjets, die er besitzt und reichlich nutzt, kokett sein „kleines schmutziges Vergnügen“. Derartige Beispiele von grenzenloser Klimaheuchelei der Reichen gibt es jede Menge.

Die erste und wichtigste Maßnahme zur Emissionsverminderung wäre der drastische Abbau der Einkommens- und Vermögensungleichheit, sowohl innerhalb unserer Staaten als auch auf globaler Ebene. Dann sinkt die Umweltbelastung direkt, weil sie mit zunehmendem individuellen Einkommen überproportional zunimmt. Und wenn alle genug zum Leben haben, fällt es viel leichter, über eventuell nötiges Kürzertreten zu reden.

Jeder Versuch, den Konsum unter Beibehaltung der riesigen Ungleichheit zu beschränken, führt letztlich in eine neue Form des zentralverwalteten Feudalismus.

Und nebenher wird auch noch den Bürgern die Verantwortung für die Kohlendioxidemissionen der Produkte zugeschoben, auf deren Produktionsweise sie keinen Einfluss haben, und für die Emissionen des Militärs gleich mit. Die müssen sie nämlich ausgleichen, durch etwas mehr Frieren und weniger Reisen und Autofahren.

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