Italien wird ID2020-Musterknabe in Europa

Italien wird ID2020-Musterknabe in Europa

31.05.2022 – Norbert Häring

31. 05. 2022 | In Italien hat bereits die Hälfte der Bevölkerung die neuen biometrisch-digitalen Ausweise, mit denen man seine Angelegenheiten mit der notorisch ineffizienten Verwaltung online erledigen kann. Doch die neuen digitalen Identitäten sollen noch für viel mehr gut sein. Die Italiener dürften bald unter den Bürgern der größeren europäischen Länder die am besten kontrollierbaren und steuerbaren sein.

Das nationale digitale ID-System Italiens hat die Marke von 30 Mio. Nutzern erreicht“, lautete am 9. Mai eine Jubelmeldung des Nachrichtendienstes für die Unternehmens- und Verwaltungsfachleute des ID-Sektors, Biometric Update.

Die Killeranwendung, die die Italiener massenhaft dazu verlockt, sich eine biometrisch-digitale ID-Karte ausstellen zu lassen, ist SPID, ein digitaler Zugang zu den analog notorisch schwer zugänglichen und ineffizienten Behörden Italiens. Der Minister für technologische Innovation und digitale Transformation Vittorio Colao lies verlauten, dass man dank der starken Verbreitung der digitalen IDs immer bessere Verwaltungsdienstleistungen anbieten könne.

Aber dabei soll es nicht bleiben. In einem Beitrag aus dem Jahr 2018 über die ID-Karte, auf der Fingerabdrücke und ein biometrisches Foto abgespeichert sind, heißt es:

Teil des Plans ist SPID, ein neues öffentliches System für digitales Identitätsmanagement, das für alles Mögliche genutzt werden wird, von der Digitalisierung der Schulen und des Justizwesens bis zu elektronischem Bezahlen und elektronischer Rechnungsstellung.“

Man kann sich mit SPID nämlich nicht nur gegenüber der Verwaltung ausweisen, sondern auch gegenüber Unternehmen, die sich beteiligen und diese Form der Identifizierung verwenden.

Das Identitätsmanagementsystem mag ein öffentliches sein, aber die zugrundeliegende Karte wird von einem privaten Unternehmen ausgegeben: dem Rüstungs- und IT-Sicherheitskonzern Thales, der die Firma Gemalto geschluckt hat, von der die ID-Karte ursprünglich stammt.

Es ist natürlich niemand gehindert zu glauben, dass die Geheimdienste einem ihrer größten Auftragnehmer nicht das Ansinnen unterbreitet haben, eine Hintertür zum Auslesen der Daten einzubauen, und dass der Konzern gegebenenfalls seinen größten Auftragnehmern das abgeschlagen hat. Falls es aber doch passiert sein sollte, oder falls öffentliche oder private Hacker auf andere Weise einen Zugang finden sollten, so bekommen sie sehr aussagekräftige Dossiers über die Hälfte und bald über die große Mehrheit der Italiener.

Sollte sich in Zukunft einmal die italienische Regierung so unter Druck fühlen wie im Februar die kanadische aufgrund der Straßenproteste der Lastwagenfahrer, dann braucht sie nur eine Verordnung erlassen, die von Thales verlangt alle Unterstützer von etwaigen Protesten und deren Vermögenswerte aufzulisten. Aber wahrscheinlich wird das gar nicht nötig werden, weil sich Bürger, die sich total überwacht wähnen, tunlichst brav verhalten.

Was tun?

In Deutschland wird die Steuer-Indentifikationsnummer zur allgemeinen Bürgernummer ausgebaut. Bisher geschieht die Verwendung freiwillig. Verwenden Sie diese Nummer nur wo sie müssen, gegenüber dem Finanzamt.

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Das nationale digitale ID-System Italiens hat die Marke von 30 Mio. Nutzern erreicht“, lautete am 9. Mai eine Jubelmeldung des Nachrichtendienstes für die Unternehmens- und Verwaltungsfachleute des ID-Sektors, Biometric Update.

Die Killeranwendung, die die Italiener massenhaft dazu verlockt, sich eine biometrisch-digitale ID-Karte ausstellen zu lassen, ist SPID, ein digitaler Zugang zu den analog notorisch schwer zugänglichen und ineffizienten Behörden Italiens. Der Minister für technologische Innovation und digitale Transformation Vittorio Colao lies verlauten, dass man dank der starken Verbreitung der digitalen IDs immer bessere Verwaltungsdienstleistungen anbieten könne.

Aber dabei soll es nicht bleiben. In einem Beitrag aus dem Jahr 2018 über die ID-Karte, auf der Fingerabdrücke und ein biometrisches Foto abgespeichert sind, heißt es:

Teil des Plans ist SPID, ein neues öffentliches System für digitales Identitätsmanagement, das für alles Mögliche genutzt werden wird, von der Digitalisierung der Schulen und des Justizwesens bis zu elektronischem Bezahlen und elektronischer Rechnungsstellung.“

Man kann sich mit SPID nämlich nicht nur gegenüber der Verwaltung ausweisen, sondern auch gegenüber Unternehmen, die sich beteiligen und diese Form der Identifizierung verwenden.

Das Identitätsmanagementsystem mag ein öffentliches sein, aber die zugrundeliegende Karte wird von einem privaten Unternehmen ausgegeben: dem Rüstungs- und IT-Sicherheitskonzern Thales, der die Firma Gemalto geschluckt hat, von der die ID-Karte ursprünglich stammt.

Es ist natürlich niemand gehindert zu glauben, dass die Geheimdienste einem ihrer größten Auftragnehmer nicht das Ansinnen unterbreitet haben, eine Hintertür zum Auslesen der Daten einzubauen, und dass der Konzern gegebenenfalls seinen größten Auftragnehmern das abgeschlagen hat. Falls es aber doch passiert sein sollte, oder falls öffentliche oder private Hacker auf andere Weise einen Zugang finden sollten, so bekommen sie sehr aussagekräftige Dossiers über die Hälfte und bald über die große Mehrheit der Italiener.

Sollte sich in Zukunft einmal die italienische Regierung so unter Druck fühlen wie im Februar die kanadische aufgrund der Straßenproteste der Lastwagenfahrer, dann braucht sie nur eine Verordnung erlassen, die von Thales verlangt alle Unterstützer von etwaigen Protesten und deren Vermögenswerte aufzulisten. Aber wahrscheinlich wird das gar nicht nötig werden, weil sich Bürger, die sich total überwacht wähnen, tunlichst brav verhalten.

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