An vielen Universitäten gilt Smartphonezwang für Studenten

An vielen Universitäten gilt Smartphonezwang für Studenten

07.04.2024 – Norbert Häring

7. 04. 2024 | Was ich über das fast nur noch mit Smartphone nutzbare Semesterticket in Hamburg geschrieben habe, ist nur die Spitze eines Eisbergs von akademischem Digitalisierungszwang. An vielen Universitäten werden die Studenten gezwungen, Smartphones zu kaufen und zu nutzen. Neben dem “liberalen” Bundesverkehrsminister zeigen sich vor allem grüne Verkehrsminister und pseudolinks-ökologisch dominierte Studentenvertretungen digitalisierung- und diskriminierungswillig.

Wer sich an der Universität zu Köln einschreibt, kommt spätestens seit diesem Semester nicht mehr ohne Smartphone aus. Zutritt zur Bibliothek gibt es für Erstsemester ausschließlich mit einer darauf gespeicherten Zugangsberechtigung. Das hat keine technischen Gründe. Mitarbeiter und ältere Semester bekommen weiter mit einer Chipkarte Zugang.

Das Nahverkehrsticket, das Studenten gezwungenermaßen mit ihrem Semesterbeitrag kaufen, gibt es nur noch für das Smartphone. Nicht einmal eine umständliche und teure Ersatzlösung mit Chipkarte wie in Hamburg gibt es. Auch die einfachste aller Möglichkeiten, ein Papierausdruck mit QR-Code wird den Kölner Studenten verweigert. Die Universität empfiehlt die Nutzung der Google- oder der Apple-Wallett-App, um das Semesterticket auf dem Smartphone zu speichern.

Dabei scheint man sich in Köln durchaus bewusst, dass man sich am Rande der Legalität bewegt. Auch der Studtentenausweis soll grundsätzlich auf dem Smartphone vorgehalten werden. Hier wird aber gnädig die Möglichkeit des Papierausdrucks gewährt. Es wäre wohl gar zu offensichtlich, dass man Studenten ohne Smartphone nicht verweigern darf, sich als Studenten auszuweisen.

Mit Bargeld Essen, Trinken und anderes zu erwerben geht schon seit einem Jahr an der Uni Köln nicht mehr. Das Rektorat hat das Universitätsgelände zur bargeldfreien Zone erklärt. Auf der Netzseite dazu strahlen einen besonders prominent und bunt die Logs von Apple-Pay, Google-Pay, Mastercard und Visa an. Man könnte meinen, das Rektorat wird nach der Menge der Finanzdaten der Studenten bezahlt, die in die USA abfließen.

Köln ist kein Einzelfall. Eine Leserin hat sich dankenswerterweise die Mühe gemacht, die Semesterticket-Regeln anderer Unis in NRW nachzulesen und stieß – wo entsprechende Informationen zu finden waren – durchgängig auf Smartphone-Lösungen, mal mit, mal ohne Ersatzlösung für Menschen ohne Smartphone.

Die Uni Duisburg-Essen ist ungewöhnlich offenherzig bzgl. der Diskriminierung von Studenten ohne Smartphone. In den Fragen und Antworten zum Semesterticket heißt es:

“Wo bekomme ich einen Ausdruck des Tickets im PDF-Format? Ich habe schließlich kein Handy.”

Die Antwort lautet:

“Die Tarifbestimmungen des Deutschlandsemestertickets sehen vor, dass es sich hierbei um ein personalisiertes digitales Ticket handelt. (…) Die Bereitstellung eines PDF-Dokuments mit der Möglichkeit des Ausdrucks ist seitens der Verkehrsbetriebe ab dem Sommersemester nicht mehr vorgesehen.”

Studierende ohne Smartphone werden an den AStA-Vorsitz verwiesen, was ich lesen würde als: ‘Die haben das verhandelt und sollen es auch den Betroffenen gegenüber vertreten.’

Die Uni Bonn hat die Studentenausweise und Semestertickets auf eine App gebracht, für die man einen Google-Account oder einen Apple-Account braucht und ein hinreichend modernes Smartphone. Allerdings kann man sich die Studentenausweise auch als PDF ausdrucken. Für eine Alternative zum digitalen Semesterticket wird man an das Studentensekretariat verwiesen.

An der Uni Paderborn gibt es das Semesterticket ausschließlich digital. Ersatzweises Vorzeigen des Studentenausweises wird nur übergangsweise im April akzeptiert, danach nicht mehr. An der Uni Münster scheint es keine Lösung ohne Smartphone zu geben.

ASTA feiert Digitalzwang

Der Allgemeine Studentenausschuss (ASTA) der Uni Köln, eine gewählte Studentenvertretung, die für die Aushandlung des Semestertickets zuständig ist, schreibt:

“Wir können kaum unsere Begeisterung zurückhalten, euch mitzuteilen: (…) Das Ticket wird (bislang) nur als digitales Ticket in Form eines Barcodes dargestellt, den ihr auf eurem Handy oder anderem mobilen digitalen Endgerät abrufen könnt. Studentische Mobilität wird somit digitaler, effizienter, günstiger und nachhaltiger!”

Das klingt wie ein Marketing-Profi von Google oder Microsoft, der die neueste Datenkraken-Erfindung seines Konzerns in bunte Wortwatte packt.

Die jungen Menschen, die sich so für den Digitalisierungszwang begeistern, sind Leute, die gewissenhaft gendern, damit sich ja keine Menschen mit erfundenem Pronomen sprachlich diskriminiert fühlen. Ihr “Referent für Antidiskriminierung” meint, er habe seine Aufgabe erfüllt, wenn er “Workshops in der Diversity-Woche oder das Hissen der Regenbogenflaggen im Pride Month” organisiert. Gleichzeitig haben sie keine Skrupel, Mit-Studenten zu diskriminieren, die sich kein Smartphone leisten können oder die nicht ständig ein persönliches Überwachungsgerät mit sich herumführen wollen.

So sieht es in anderen Bundesländern aus

In NRW wie in Hamburg stellen die Grünen den Verkehrsminister. Ich habe stichprobenartig in weiteren Bundesländern geschaut.

Auch in Mainz gibt es das Semesterticket mit Smartphonezwang, offenbar ohne Ersatzlösung. Die Digitalisierungspartei FDP stellt dort die Verkehrsministerin.

An der Uni Hannover gibt es offenbar keinen Smartphonezwang für Studenten. Den Verkehrsminister in Niedersachsen stellt die SPD. Aber auch in Baden-Württemberg, wo ein Grüner das Verkehrsressort verwaltet, gibt es offenbar (noch?) keinen Smartphonezwang für das Semesterticket.

In München ist das Semesterticket “sowohl als Handy-Ticket über die MVG-App als auch als Chip-Karte verfügbar.”  Den Verkehrsminister stellt in Bayern die CSU.

Sittengemälde mit HVV-Chefin

Die abgehobene Lebenswelt und Geisteshaltung des digitalisierungsbegeisterten linksliberalen Establishments springt einen richtiggehend an, wenn man ein Interview mit der Chefin des Hamburger Verkehrsverbunds liest. Ausgewählt wurde sie für ihr Amt vom grünen Chef der Behörde für Verkehr und Moblitätswende, Anjes Tjarks.

Auf die Frage, ob Busfahrer zu schlecht bezahlt werden und zu wenig Anerkennung bekommen, weiß die mit 200.000 Euro im Jahr bezahlte Managerin nur zu erzählen, dass sie Ihre sehr kleinen Töchter anhalte, den Busfahrer zu grüßen. Auf Nachfrage beharrt sie, Anerkennung sei das Wichtigste.

Allzuviel Gelegenheit, selbst in Hamburg Busfahrer zu grüßen, hat sie nicht. Sie pendelt nämlich mit dem Flugzeug aus Wien und ist im Durchschnitt nur alle zwei Wochen für drei Tage in Hamburg. Wie sich die Vielfliegerei mit der grünen Mobilitätswende verträgt, kann sie auch erklären, bzw. befloskeln:

“Wir müssen die Verkehrssysteme multimodal nutzen, für jeden Reiseweg und Reisegrund das Richtige. Im Zweifel gehört dann auch das Fliegen mal dazu.”

In ihrem Einstandsinterview im April 2021 hatte Korbutt noch angekündigt, bald mit Mann, Kindern und Eltern in ein Haus im Hamburger Stadtteil Stellingen einzuziehen. Aber fliegen war dann wohl doch schöner.

Korbutt berichtet, neben einer neuen Optik sei die zweite große Neuerung, die sie dem HVV verpasst habe, “nicht nur hübsch aussehen, sondern auch reden mit den Kundinnen und Kunden.” Das Reden bedeutet für sie aber etwas anderes als die Wünsche der Kunden zu erfragen und zu befriedigen. Es bedeutet eher, den Kunden erklären womit sie zufrieden sein sollen. Sonst würde sie kaum meinen, Forderungen an die HVV-Kunden stellen zu dürfen. Im O-Ton:

“Ich kann nicht von meinem Kunden am Ende des Tages mehr Digitalisierung fordern als von der Mannschaft, die dafür verantwortlich ist.”

Wer nur alle zwei Wochen drei Tage vor Ort ist, wird kaum mitbekommen, was bei der Bargeldabschaffung in den Bussen alles schief geht; dass etwa die Bezahlkarten ständig ausverkauft waren und z.B. Lehrer, die mit einer Schulklasse einen Busausflug machen wollen, plötzlich vor riesigen Organisationsproblemen stehen. Als Vielfliegerin lebt man in einer anderen Erfahrungswelt.

Fazit

An Studenten wird die Zwangsdigitalisierung in Form von Smartphone-Nutzungszwang besonders rücksichtslos durchexerziert, wohl weil es in dieser Gruppe (fast) keine digital abgehängten alten Menschen gibt. Der Wunsch nach Freiheit von allgegenwärtiger digitaler und finanzieller Ausspähung wird nicht respektiert und aktiv konterkariert. Es ist zu hoffen, dass sich rechtzeitig Betroffene oder Organisationen finden, die den Klageweg dagegen beschreiten. Pozesskostenunterstützung sollte sich für vernünftig begründete Fälle organisieren lassen. Außerdem sollten die ASTAs, die Universitätsrektoren und die verantwortlichen Politiker erfahren, in ebenso höflichen wie deutlichen Worten, was man von ihrem Tun hält.

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Wer sich an der Universität zu Köln einschreibt, kommt spätestens seit diesem Semester nicht mehr ohne Smartphone aus. Zutritt zur Bibliothek gibt es für Erstsemester ausschließlich mit einer darauf gespeicherten Zugangsberechtigung. Das hat keine technischen Gründe. Mitarbeiter und ältere Semester bekommen weiter mit einer Chipkarte Zugang.

Das Nahverkehrsticket, das Studenten gezwungenermaßen mit ihrem Semesterbeitrag kaufen, gibt es nur noch für das Smartphone. Nicht einmal eine umständliche und teure Ersatzlösung mit Chipkarte wie in Hamburg gibt es. Auch die einfachste aller Möglichkeiten, ein Papierausdruck mit QR-Code wird den Kölner Studenten verweigert. Die Universität empfiehlt die Nutzung der Google- oder der Apple-Wallett-App, um das Semesterticket auf dem Smartphone zu speichern.

Dabei scheint man sich in Köln durchaus bewusst, dass man sich am Rande der Legalität bewegt. Auch der Studtentenausweis soll grundsätzlich auf dem Smartphone vorgehalten werden. Hier wird aber gnädig die Möglichkeit des Papierausdrucks gewährt. Es wäre wohl gar zu offensichtlich, dass man Studenten ohne Smartphone nicht verweigern darf, sich als Studenten auszuweisen.

Mit Bargeld Essen, Trinken und anderes zu erwerben geht schon seit einem Jahr an der Uni Köln nicht mehr. Das Rektorat hat das Universitätsgelände zur bargeldfreien Zone erklärt. Auf der Netzseite dazu strahlen einen besonders prominent und bunt die Logs von Apple-Pay, Google-Pay, Mastercard und Visa an. Man könnte meinen, das Rektorat wird nach der Menge der Finanzdaten der Studenten bezahlt, die in die USA abfließen.

Köln ist kein Einzelfall. Eine Leserin hat sich dankenswerterweise die Mühe gemacht, die Semesterticket-Regeln anderer Unis in NRW nachzulesen und stieß – wo entsprechende Informationen zu finden waren – durchgängig auf Smartphone-Lösungen, mal mit, mal ohne Ersatzlösung für Menschen ohne Smartphone.

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Die Antwort lautet:

“Die Tarifbestimmungen des Deutschlandsemestertickets sehen vor, dass es sich hierbei um ein personalisiertes digitales Ticket handelt. (…) Die Bereitstellung eines PDF-Dokuments mit der Möglichkeit des Ausdrucks ist seitens der Verkehrsbetriebe ab dem Sommersemester nicht mehr vorgesehen.”

Studierende ohne Smartphone werden an den AStA-Vorsitz verwiesen, was ich lesen würde als: ‘Die haben das verhandelt und sollen es auch den Betroffenen gegenüber vertreten.’

Die Uni Bonn hat die Studentenausweise und Semestertickets auf eine App gebracht, für die man einen Google-Account oder einen Apple-Account braucht und ein hinreichend modernes Smartphone. Allerdings kann man sich die Studentenausweise auch als PDF ausdrucken. Für eine Alternative zum digitalen Semesterticket wird man an das Studentensekretariat verwiesen.

An der Uni Paderborn gibt es das Semesterticket ausschließlich digital. Ersatzweises Vorzeigen des Studentenausweises wird nur übergangsweise im April akzeptiert, danach nicht mehr. An der Uni Münster scheint es keine Lösung ohne Smartphone zu geben.

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Der Allgemeine Studentenausschuss (ASTA) der Uni Köln, eine gewählte Studentenvertretung, die für die Aushandlung des Semestertickets zuständig ist, schreibt:

“Wir können kaum unsere Begeisterung zurückhalten, euch mitzuteilen: (…) Das Ticket wird (bislang) nur als digitales Ticket in Form eines Barcodes dargestellt, den ihr auf eurem Handy oder anderem mobilen digitalen Endgerät abrufen könnt. Studentische Mobilität wird somit digitaler, effizienter, günstiger und nachhaltiger!”

Das klingt wie ein Marketing-Profi von Google oder Microsoft, der die neueste Datenkraken-Erfindung seines Konzerns in bunte Wortwatte packt.

Die jungen Menschen, die sich so für den Digitalisierungszwang begeistern, sind Leute, die gewissenhaft gendern, damit sich ja keine Menschen mit erfundenem Pronomen sprachlich diskriminiert fühlen. Ihr “Referent für Antidiskriminierung” meint, er habe seine Aufgabe erfüllt, wenn er “Workshops in der Diversity-Woche oder das Hissen der Regenbogenflaggen im Pride Month” organisiert. Gleichzeitig haben sie keine Skrupel, Mit-Studenten zu diskriminieren, die sich kein Smartphone leisten können oder die nicht ständig ein persönliches Überwachungsgerät mit sich herumführen wollen.

So sieht es in anderen Bundesländern aus

In NRW wie in Hamburg stellen die Grünen den Verkehrsminister. Ich habe stichprobenartig in weiteren Bundesländern geschaut.

Auch in Mainz gibt es das Semesterticket mit Smartphonezwang, offenbar ohne Ersatzlösung. Die Digitalisierungspartei FDP stellt dort die Verkehrsministerin.

An der Uni Hannover gibt es offenbar keinen Smartphonezwang für Studenten. Den Verkehrsminister in Niedersachsen stellt die SPD. Aber auch in Baden-Württemberg, wo ein Grüner das Verkehrsressort verwaltet, gibt es offenbar (noch?) keinen Smartphonezwang für das Semesterticket.

In München ist das Semesterticket “sowohl als Handy-Ticket über die MVG-App als auch als Chip-Karte verfügbar.”  Den Verkehrsminister stellt in Bayern die CSU.

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Allzuviel Gelegenheit, selbst in Hamburg Busfahrer zu grüßen, hat sie nicht. Sie pendelt nämlich mit dem Flugzeug aus Wien und ist im Durchschnitt nur alle zwei Wochen für drei Tage in Hamburg. Wie sich die Vielfliegerei mit der grünen Mobilitätswende verträgt, kann sie auch erklären, bzw. befloskeln:

“Wir müssen die Verkehrssysteme multimodal nutzen, für jeden Reiseweg und Reisegrund das Richtige. Im Zweifel gehört dann auch das Fliegen mal dazu.”

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Korbutt berichtet, neben einer neuen Optik sei die zweite große Neuerung, die sie dem HVV verpasst habe, “nicht nur hübsch aussehen, sondern auch reden mit den Kundinnen und Kunden.” Das Reden bedeutet für sie aber etwas anderes als die Wünsche der Kunden zu erfragen und zu befriedigen. Es bedeutet eher, den Kunden erklären womit sie zufrieden sein sollen. Sonst würde sie kaum meinen, Forderungen an die HVV-Kunden stellen zu dürfen. Im O-Ton:

“Ich kann nicht von meinem Kunden am Ende des Tages mehr Digitalisierung fordern als von der Mannschaft, die dafür verantwortlich ist.”

Wer nur alle zwei Wochen drei Tage vor Ort ist, wird kaum mitbekommen, was bei der Bargeldabschaffung in den Bussen alles schief geht; dass etwa die Bezahlkarten ständig ausverkauft waren und z.B. Lehrer, die mit einer Schulklasse einen Busausflug machen wollen, plötzlich vor riesigen Organisationsproblemen stehen. Als Vielfliegerin lebt man in einer anderen Erfahrungswelt.

Fazit

An Studenten wird die Zwangsdigitalisierung in Form von Smartphone-Nutzungszwang besonders rücksichtslos durchexerziert, wohl weil es in dieser Gruppe (fast) keine digital abgehängten alten Menschen gibt. Der Wunsch nach Freiheit von allgegenwärtiger digitaler und finanzieller Ausspähung wird nicht respektiert und aktiv konterkariert. Es ist zu hoffen, dass sich rechtzeitig Betroffene oder Organisationen finden, die den Klageweg dagegen beschreiten. Pozesskostenunterstützung sollte sich für vernünftig begründete Fälle organisieren lassen. Außerdem sollten die ASTAs, die Universitätsrektoren und die verantwortlichen Politiker erfahren, in ebenso höflichen wie deutlichen Worten, was man von ihrem Tun hält.

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